Haus Husen gewinnt goldenen Schemel
Der Award „Goldener Schemel“ ehrt nicht einfach vergangene Bausubstanz, sondern den Umgang und das Leben mit einem bedeutenden Baudenkmal. Preisträger sind die Menschen, die diese Liegenschaft 2010 erworben und in enger Zusammenarbeit mit BÄNZIGER LUTZE ARCHITEKTUR und weiteren Fachleuten den Umbau und die Restaurierung eingeleitet haben. Ausgezeichnet wurde der grosse Einsatz zur Bauerhaltung, aber auch der moderne Umbau. Es konnte die Lesbarkeit der Baugeschichte und der unterschiedlichen Material- und Farbabfolgen beibehalten werden. Das gelungene Ineinandergreifen von Alt und Modern ist hier einzigartig und auch beispielgebend für einen zeitgenössischen und lebensnahen Umgang mit der gebauten Hausbiografie.
Das offene Entrée über zwei Geschosse öffnet den Blick buchstäblich als Ouvertüre auf die spannende Baugeschichte und ihre Ausschmückung. Im Gebäude steckt ein Kernbau in Form eines zweigeschossigen früheren Tätschhauses mit Bohlenständerwänden und offener Feuerstelle. Dieser 1499 errichtete Kern ist äusserlich hinter dem heutigen Schindelschirm verborgen. Im Hausinnern ist er als Typ eines abendländischen Drei-Raum-Hauses mit Stube, Nebenstube und Küche deutlich erkennbar. Die architektonische Malereien mit Blütenkapitellen, die hier im Spätmittelalter in Kasein-Technik ausgeführt wurden, sind in der Ostschweiz als äusserst selten und einzigartig einzustufen.
Um 1730 wurde dieser ursprüngliche Bau in die Breite und Höhe um zwei Stockwerke erweitert. Die Grossräumigkeit, die architektonischen Malereien und nicht zuletzt die Anbringung prachtvoller, im fernöstlichen Stil gehaltener oder gar fernöstlich originaler Tapeten um 1790 lassen bedeutende Auftraggeber für diesen „Sommer-Sitz“ im Rheintal vermuten. Täfelungen über Bohlen und Fachwerke wurden um 1900 eingebaut. Die hangseitig hohe Stallscheune ersetzte anfangs des 20. Jahrhunderts eine ältere. Ein im ersten Geschoss in die Scheune ausgefahrener verglaster Duschraum rückt die Nasszelle gelungen weg von der historischen Bausubstanz und zeigt, dass im historischen Haus heute eine vitale und moderne Familie wohnt, mit all ihren Bedürfnissen an einen modernen Alltag. Badeeinrichtungen, Treppen und weitere Zubauten wie die attraktive Kücheninsel im Kernbau von 1499, aber auch die sichtbare Führung von Energie-Leitungen überzeugen durch ihre architektonische Qualität. In grosser Selbstverständlichkeit wird im Husen 7 zwischen Alt, sehr Alt und Neu gewohnt und gelebt – das macht die hohe Stimmigkeit dieses Hauses aus, das zwar ein Baudenkmal ist – aber ein äusserst lebendiges.
Auszug aus Pressemitteilung, Heimatschutz St.Gallen / Appenzell Innerrhoden, Dezember 2015
